Im Grunde ist es erstaunlich, dass in deutschen Städten überhaupt noch Fachwerkhäuser erhalten sind. Immer wieder wüteten Kriege und vor allem Feuersbrünste innerhalb der Stadtmauern. Vielerorts brannten im Abstand weniger Jahrzehnte ganze Stadtviertel nieder und wurden wieder aufgebaut. Auch aus Überlieferungen der Antike ist bekannt, dass Rom und andere Großstädte häufig in Flammen standen. Die Gründe sind vielfältig:

  • Holz war ein beliebtes, aber feuergefährdetes Baumaterial. Etwa im 13. Jahrhundert setzte sich in deutschen Städten die Ständerbauweise und mit ihr der Fachwerkbau durch.
  • Die mittelalterlichen Gassen waren eng, die Häuser standen dicht an dicht. So konnte ein Feuer mühelos ganze Straßenzüge überspringen. Insbesondere Feuerstürme wurden durch diese Bauweise begünstigt.
  • Offenes Feuer war die übliche Energie- und Lichtquelle. In den Wohnungen brannten Kerzen und im Herd loderte ein Kochfeuer. Das provoziert Unfälle.
  • Das Wissen um aktiven und vorbeugenden Brandschutz war gering ausgeprägt. Brandmauern waren weitgehend unbekannt, die vielerorts vorhandene Feuerwehr arbeitete mit einfachsten Löschmethoden. Die engen Gassen erschwerten den Einsatz zusätzlich.
  • Manche der heftigsten Stadtbrände entstanden im Krieg und wurden von den feindlichen Truppen absichtlich gelegt.

Ausgewählte Stadtbrände

Alexandria, 48 v.Chr.: Der legendäre Stadtbrand in der ägyptischen Stadt Alexandria hat sich als historische Fälschung erwiesen. Wahrscheinlich ist, dass der römische Kaiser Julius Cäsar, der mit seiner Kriegsflotte im Hafen lag, seine eigenen Schiffe aus militärischen Gründen in Brand setzte. Allerdings sprang das Feuer wohl nicht auf die Stadt über – und schon gar nicht, wie von antiken Historikern behauptet, auf die berühmte Bibliothek von Alexandria. Die Bibliothek muss also später zerstört worden sein.

Rom, 19. Juli 64 n.Chr.: Eine sagenumwobene Katastrophe, der große Teile der Millionenstadt zum Opfer fielen. Hunderttausende Menschen wurden obdachlos, der genaue Schadensumfang ist unklar. Der römische Kaiser Nero wurde später der Brandstiftung bezichtigt, was nach heutigen Forschungen aber kaum zu belegen ist. Weitere Großbrände gab es in Rom unter anderem in den Jahren 213 v.Chr., 23 v.Chr., 6 v.Chr., 27 n.Chr., 36 n.Chr. und 192 n.Chr.

Lübeck, 1276: Zum dritten Mal binnen eines Jahrhunderts (1157, 1251 und 1276) brannten große Teile der Hansestadt ab. Schließlich wurden Holzbauten verboten und strenge Brandschutzbestimmungen eingeführt. Die Maßnahmen hatten offenbar Erfolg, denn in den kommenden sechs Jahrhunderten blieb Lübeck von Brandkatastrophen verschont.

München, 13. Februar 1327: Ein glühendes Kohlenstück in einem Kloster löste einen verheerenden Stadtbrand in München aus. Zwei Drittel der mittelalterlichen Stadt ging mit ihren Holzhäusern in Flammen auf. Als Folge erließ der Kaiser eine strenge Brandschutzverordnung, die unter anderem Holzhäuser und Strohdächer verbot.

Bautzen, 2. Mai 1634: Als der Dreißigjährige Krieg in der Lausitz tobte, erlebte auch die Stadt Bautzen ihr größtes Inferno. Die kaiserlichen Truppen brannten die Stadt nieder, sodass in den Flammen etwa 700 Einwohner starben. Weitere Großbrände zerstörten Teile Bautzens in den Jahren 1401, 1686, 1709 und 1827.

Aachen, 2. Mai 1656: Eine Unachtsamkeit in der Wohnung eines Bäckers entfachte einen der größten deutschen Stadtbrände. Nach offiziellen Angaben wurden 4664 Gebäude zerstört, die meisten aus Fachwerk. Sieben Achtel der bebauten Stadtfläche brannten binnen eines einzigen Tages nieder. Angesichts der Dimensionen dieser Feuerbrunst sind 17 Todesopfer eher wenig. Die Aachener „nutzten“ die radikale Zerstörung, um ihre Stadt als Badeort wieder zu errichten.

London, 2. September 1666: Das „Great Fire of London“ war eine der schlimmsten Brandkatastrophen der Menschheitsgeschichte. Ähnlich dem Aachener Stadtbrand nahm dieses Feuer von einer Backstube seinen Ausgang. Etwa 13.200 Häuser wurden vernichtet, darunter fast die gesamte mittelalterliche Bausubstanz der City of London. Als fatal erwies sich die typische Londoner Bauweise mit viel Holz und sehr engen Gassen. Der berühmte Tower konnte nur gerettet werden, weil man alle umliegenden Gebäude sprengte. Beim Wiederaufbau der Stadt wurden schließlich alle Holzbauten verboten und eine Mindest-Straßenbreite verordnet.

Hamburg, 5. Mai 1842: Mehrfach wüteten Flächenbrände in der Hansestadt. Die größte Brandkatastrophe nahm ihren Ausgang vom Haus eines Zigarrenmachers und zerstörte in den folgenden drei Tagen etwa 1700 Häuser. Betroffen war ein Viertel der Stadtfläche, vor allem das Nikolaiviertel. Für viele Hausbesitzer hielt sich der finanzielle Schaden aber in Grenzen, weil die „Hamburger Feuerkasse“ Entschädigungen leistete. Die Feuerkasse war die erste Feuerversicherung weltweit, die die vorausschauenden Gewerbetreibenden bereits 1676 gegründet hatten.

Chicago, 8. Oktober 1871: Noch größere Dimensionen als der „Große Brand“ in Hamburg erreichte drei Jahrzehnte später der Stadtbrand von Chicago. Das Feuer begann in einer Scheune, vernichtete rund 17.000 Gebäude und machte ein Drittel der 300.000 Einwohner obdachlos. Bis zu 300 starben. Offenbar hatte die Feuerwehr die neue Gefahr zunächst unterschätzt, nachdem bereits am Vortag ein Großbrand in Chicago wütete. Zudem war nach einem trockenen Sommer zu wenig Löschwasser vorhanden. Nach zwei Tagen halfen schwere Regenfälle den Feuerwehrleuten und löschten den Brand.

Thessaloniki, 5. August 1917: Zwei Drittel der griechischen Stadt Saloniki gingen in einem Großfeuer in Flammen auf. 9.500 Häuser inklusive des städtischen Handelszentrums wurden dabei zerstört. Brandursache war offenbar ein Funkenflug in einer Küche. Durch menschliches Versagen stand außerdem zu wenig Löschwasser zur Verfügung.

Ålesund, 23. Januar 1904: Wie viele norwegische Städte war Ålesund bekannt für seine historischen Holzhäuser – bis ein Feuer beinahe die gesamte Innenstadt zerstörte. 850 Häuser der Kaufmanns- und Fischereistadt wurden ein Raub der Flammen. Nur zwölf Jahre später brannte die nicht weit entfernte, ebenfalls aus Holzhäusern erbaute Stadt Bergen nieder. In diesem Fall vernichtete das Feuer 300 Gebäude.

Yokohama, Tokio, 1. September 1923: Diese gewaltige Brandkatastrophe hatte einen außergewöhnlichen Auslöser. Ein starkes Erdbeben erschütterte im Jahr 1923 die japanische Kantō-Ebene mit den beiden Großstädten Yokohama und Tokio und forderte die unglaubliche Zahl von 142.800 Todesopfern. Die meisten Menschen starben aber nicht an den primären Erdbebenfolgen, wie herabstürzenden Trümmern, sondern an der ausgelösten Feuersbrunst. Etwa 1,9 Millionen Bewohner verloren ihre Wohnungen. Vor allem die traditionellen Holzhäuser der Japaner konnten dem Feuersturm nichts entgegen setzen.

Hamburg, 28. Juli 1943: Im zweiten Weltkrieg wurde Hamburg schwer getroffen. Während der „Operation Gomorrha“ führten britische und US-amerikanische Flugzeuge ein gezieltes, mehrtägiges Bombardement der Innenstadt durch. Auf dem Höhepunkt der Luftangriffe am 28. Juli brach ein zerstörerischer, rund 1000 Grad heißer Feuersturm aus, in dem rund 30.000 Menschen starben. Nach heutiger Einschätzung war der Feuersturm kein Zufallsresultat des Flächenbombardements, sondern ein erklärtes militärisches Ziel.- Am 13. Februar 1945 brannte auch drei Viertel der Dresdner Altstadt nieder – einschließlich der später wieder aufgebauten Frauenkirche.

Stadtbrände von der Antike bis zur Neuzeit